spruced by marlene

the writing life

Von Marlene | Veröffentlicht am: 26. Februar 2013

Vorletzten Freitag sah noch alles gut aus. Ich war nach einer Woche Arbeit in München wieder zuhause, vor mir lagen sieben Tage, an denen ich nicht arbeiten würde, oder wenigstens nicht wie eine Bekloppte. Wie ich mich darauf gefreut habe. Darauf, ein bisschen aufzuräumen. Na gut, mal richtig aufzuräumen. Und mein neues Bürozimmer zu planen. Und Bilder zu rahmen. Und eine Lampe zu bestellen. Und vielleicht sogar einen Tisch zu bauen. Und alle Unterlagen in Ordnung zu bringen. Und…

Und dann kam der Samstag und ich wurde krank. Nichts Dramatisches, bloß die 3-Tage-Erkältung, die mich jedes Jahr kriegt, wenn mein Körper beschließt: Schönen Dank für den Irrsinn im Januar, mir reicht’s. Ab da war mir die To-Do-Liste immer um ein paar Erledigungen voraus. Besser gesagt: Um ein paar dutzend. Denn ich hatte mir, wie immer, wenn ich eine Weile konstant gearbeitet habe und dann plötzlich Zeit für alles andere habe, viel zu viel vorgenommen. Warum nur einen Tisch bauen, wenn ich nebenbei auch noch die Schuhe sortieren könnte? Warum nur die Schuhe sortieren, wenn ich auch noch das Bücherregal aufräumen könnte? Warum vernünftig sein, wenn ich auch wahnsinnig sein kann?

Gegen Donnerstag sah die Wohnung aus wie nach einer feindlichen Invasion. Ich dachte trotzdem: Hätte ich nicht, sollte ich nicht, müsste ich nicht auch noch? Ich schaffe es nur schwer, von „nur Arbeit“ auf „nur alles andere“ umzuschalten ohne, dass ich durchdrehe. Als müssten alle Projekte auf einmal erledigt werden, sonst… Sonst was eigentlich? Das habe ich mich auch gefragt, als ich versucht habe, das Chaos zu beseitigen.

Irgendwann in dieser Woche habe ich dann auch noch ein Projekt angefangen, und sogar beendet, das ich mir seit Ewigkeiten vorgenommen hatte: alle Stapel mit Zeitungen und Zeitschriften der letzten Jahre durchgehen und meine Artikel darin sammeln. Am Ende des Nachmittags war es ein hübscher Stapel. Komisches Gefühl, davor zu sitzen und zu denken: Das sind fünf Jahre. Es sah nicht so viel aus, wie es sich mitunter angefühlt hat. Und doch wie eine Menge, denn in diesen fünf Jahren ist natürlich noch viel mehr passiert, aber all das andere liegt selten so konkret vor mir wie ein Stapel Papier. Da habe ich dann plötzlich angefangen nachzudenken, wie ich es mir selten erlaube, wenn ich arbeite und in einem Rhythmus stecke, in dem ich mir Innehalten selten zulasse: Auf welche Geschichten bin ich stolz? Welche sind mir in Erinnerung geblieben? Bei welchen glaube ich mir, wenn ich sage: ich bin Schreiberin?

Eine dieser Geschichten ist am Wochenende erschienen.

Ich zeige hier nicht so oft meine Arbeit. Vielleicht, weil dieses Blog etwas ist, was ich mache, wenn ich nicht arbeite. Aber diesen Text wollte ich doch teilen. Es ist einer von denen, die ich herzeigen würde, wenn jemand fragt: Und womit verbringst du so deine Tage? Denn als ich angefangen zu schreiben, habe ich mir vorgestellt und gehofft, dass ich mal Geschichten schreiben würde wie diese über die zwei Designer von Odeeh, die in einem kleinen Dorf in Franken große Mode machen. Geschichten, für die ich ein guter Schreiber sein will, weil sie es verdienen, gut erzählt zu werden. Es passte, dass der Text gerade in dieser Woche erschienen ist, weil sie nebenbei eine gute Erinnerung daran ist, was mir nach zehn Jahren in diesem Job manchmal schwer fällt: Schon im Kopf und bevor ich überhaupt am Computer sitze zu schreiben, weil ich nur noch über die richtigen Worte nachdenke.

Als ich die Geschichte Samstag früh in der SZ gesehen habe, habe ich dann nicht diesen Blogeintrag geschrieben, wie ich es mir auch noch vorgenommen hatte. Ich habe die Zeitung zugeschlagen, eine Tasche gepackt und bin nach Hamburg befahren, um mit der wunderbaren Steffi ihr erstes Buch zu feiern, dass man, wenn man vorhat zu heiraten, dringend kaufen sollte, und dann ein grandios faules, verfressenes, schönes Wochenende mit guten Freundinnen zu verbringen und mich daran zu erinnern, dass ich manchmal die Listen vergessen muss, um die Energie zu haben für die Geschichten, die ich erzählen will. Wer diese bestimmte lesen mag, findet sie hier.

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10 Kommentare

  1. Johanna
    Posted 27. Februar 2013 at 11:36 | Permalink

    Dankeschön, toller Artikel!

  2. milli
    Posted 27. Februar 2013 at 13:08 | Permalink

    normalerweise bin ich keine blog-kommentatorin, aber angesichts soviel zurückhaltung: gern! danke für den tollen sz-artikel. ich hab ihn gern gelesen!
    be proud of yourself!
    m

    • Marlene
      Posted 27. Februar 2013 at 16:17 | Permalink

      Liebe Milli, umso mehr freut mich, dass Du mir hier schreibst. Tut gut zu hören! Dank Dir.

  3. Steffi
    Posted 27. Februar 2013 at 19:27 | Permalink

    Wie schön! Dein Blogpost, dein Artikel und du ja eh. Vermiss dich! Hamburg auch, komm zurück in die Chez Chaos! Drück dich… (von 86 auf 98 – Schweinerei!)

    • Marlene
      Posted 27. Februar 2013 at 21:28 | Permalink

      Chez Chaos! Bahaha! Aber stell Dir nur vor, wie doll die Wohnung aussehen wird, wenn erstmal das schönste Sofa der Welt da ist. Vermiss Dich auch, love. Bald wieder in Hamburg, versprochen. Oder in Berlin. Wenn das mit dem Buch so weitergeht, mieten wir das komplette Soho House – und Clooney gleich dazu.

  4. anne
    Posted 2. März 2013 at 10:14 | Permalink

    du darfst gerne ruhig öfter auf deine artikel verweisen und sie so schön anmoderieren wie hier 😉
    ich finde es außerdem wirklich blöd, dass es deinen modischen selbstversuch in der maxi scheinbar nicht mehr gibt – aber da wurde wohl auch gespart … oder irre ich mich?

    • Marlene
      Posted 2. März 2013 at 12:10 | Permalink

      Ach, danke Anne! Die Anmoderation wurde in diesem Fall dann ja so lang wie ein Artikel, ähem.

      Mir hat die Kolumne auch großen Spaß gemacht, selbst als ich die Cowboystiefel anprobieren musste, hahaha. Aber es gibt sie in der Tat schon seit einer Weile nicht mehr. Vielleicht sollte ich hier öfter mal was Neues probieren. Der Kleiderschrank könnte mehr Wagnis vertragen.

  5. Marleen
    Posted 2. März 2013 at 19:26 | Permalink

    Ey Marlene,
    Chez Rewé habe ich gelesen. Also vorerst die Headline: chapeau, is die cool. Lockt mich gedanklich erst in den Supermarkt, aber da passen doch nicht diese smarten Männer hin.. Schöner Artikel. Und jetzt ist der auch noch von dir! Wasn Zufall. Coole Sau. Liegt wohl am Namen.
    Happy Weekend, Marleen

    • Marlene
      Posted 4. März 2013 at 10:27 | Permalink

      Dank Dir! Mit der Überschrift kann ich allerdings nicht auftrumpfen, die verdanken wir der Redaktion der SZ. Da sitzen auch ein paar coole Säue, hehe. Hoffe, Du hattest auch ein schönes Wochenende, Namensschwester

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