spruced by marlene

hjemme

Von Marlene | Veröffentlicht am: 7. September 2011

Letztes Wochenende bin ich nach Dänemark zur Beerdigung meiner Urgroßmutter gefahren. Es war ein trauriger Anlass, um die Familie zu sehen, aber es waren auch ein paar schöne Tage, in denen wir alle zusammen saßen, Geschichten erzählten und ihr Leben feierten.
Emilie wurde 99. 99! Es ist kaum fassbar, wie viel sie in ihrem Leben gesehen hat und ein Teil von mir wünschte, sie wäre 100 geworden, damit Königin Margrethe ihr gratuliert hätte (so ist das in Dänemark wenn man ein Jahrhundert voll macht). Meine Uroma hätte es verdient. Ich kannte sie nur ein Drittel ihres Lebens, aber in dieser Zeit kam sie mir immer wie eine Frau vor, die genau so lebte wie sie wollte.
Wenn es ein Geheimnis für ihr hohes Alter gibt, dann sicher nicht eine gesunde Diät und einen ausgeglichenen Lebenswandel. Obst und Sport waren nichts für sie, Kaffee und Zigaretten schon. Schwarzer Kaffee und Look 120, klar. Sie war en fine dame, eine feine Dame, die sich im Winter in ihren Persianer hüllte, die Haare immer perfekt, der Schmuck am richtigen Platz. Es gibt nie einen Anlass, nicht gut auszusehen, auch wenn man nur in der Küche Brötchen schmierte. Oder, in ihrem Fall, Kanapees. Sie liebte es zu unterhalten und am Wochenende erzählte mir meine Mama von dem Sylvesterabend, an dem Emilie im Wohnzimmer die Tanzfläche eröffnete und ich mitmachte, knapp ein paar Jahre alt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, aber ich kann sie genau vor mir sehen, tanzend, feiernd, fröhlich. Sie war nicht groß, doch niemand hätte sie je mit einem kleinen Frauchen verwechselt. Und auch als sie zuletzt immer tiefer in sich hinein zu sinken schien, machte sie plötzlich eine ihre fabelhaft beißenden Bemerkungen, um zu zeigen: Ich bin noch da. Sie hatte, vor allem anderen, eine bemerkenswerte Haltung. Die sie an ihre Tochter weiter gab, die sie an ihre Tochter weiter gab, die davon vielleicht auch etwas an ihre Tochter, mich, weiter gegeben hat. Ihr Können im Kanasta hat Emilie allerdings an keine von uns vererbt – sie hat uns alle immer und immer wieder mit Freude geschlagen.
Das Wochenende war auch mein erste Mal „Zuhause“ in diesem Jahr. Ich hab nie in Dänemark gewohnt, trotzdem fühle ich dort daheim, besonders wenn ich mit meiner Familie zusammen bin, die ich nicht so oft sehe wie ich möchte. Und vielleicht wäre es anders, wenn ich öfter dort wäre, aber ich vermisse es. Ich vermisse die Strände und den Wind und das blasse Sonnenlicht, das ich so noch nirgendwo anders gesehen habe. Als kleine Erinnerung habe ich schnell dieses Foto geschossen.
Was man darauf nicht sieht ist, dass ungefähr zwei Sekunden später eine Frau im Stringtanga hinter mir vorbei lief. Wie man vielleicht an meiner Mütze erraten kann, war es an dem Tag nicht gerade Badewetter. Aber was mich wirklich daran wirklich amüsierte, war der Gedanke, dass meine Uroma einen Blick auf den Hintern dieser Frau geworfen und gesagt hätte: Ab einem gewissen Alter sollte man einfach keinen Stringtanga mehr tragen. Das, so sehr wie alles andere, ist der Grund warum ich sie für immer vermissen werde.

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4 Kommentare

  1. O.
    Posted 8. September 2011 at 00:00 | Permalink

    Das hier hätte sie sicher gern gelesen. En fine dame, das ist schön. Danke.

  2. Marlene
    Posted 8. September 2011 at 11:23 | Permalink

    Eine schöne Vorstellung. Danke!

  3. Steffie
    Posted 12. September 2011 at 17:35 | Permalink

    oh das ist so wunderschön geschrieben und hat mich gleich ganz nachdenklich gemacht!

  4. Marlene
    Posted 12. September 2011 at 20:04 | Permalink

    Danke, Steffie, für einen so lieben Kommentar.

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