Carolin Dunkel ist die Freundin, von der man ständig wissen will, wo sie denn nun schon wieder dieses fabelhafte Kleid gefunden hat. Die wunderschöne Handtasche. Und erst die Jeans mit dem Schnitt, den man schon ewig sucht.
Wer so eine Freundin hat, weiß, dass sie auf solche Fragen frustrierend oft antwortet: „Ach, das Teil? Hab ich schon ewig! Gibt’s leider nicht mehr.“ Carolin dagegen sagt: „Ach, das Teil? Gerade frisch reingekommen! Gibt’s bei mir im Laden.“ Deshalb könnte ich zwar schreiben, dass man bei April First die Art von femininer Mode findet, die in der Vorstellung alle Pariserinnen im Marais tragen. Oder einfach sagen, dass Carolin sich auf Darauf-wird-man-garantiert-angesprochen-Teile spezialisiert hat.
Mit einem Arm voll Teile geht man hier auch in die Umkleide, weil sie in ihrem neu eröffneten Laden auf der Berliner Auguststraße Marken führt, die man anderswo in Deutschland schlicht nicht bekommt, wie Strick von I love Mr. Mittens, die kalifornisch anmutenden Kleider von Ulla Johnson oder Coqui Coqui Parfums. Auch was sie von Labels wie Hironaé, Mes Demoiselles, M.i.h Jeans, Anine Bing, Equipment oder Mother aussucht, hat Seltenheitswert. Selbst wem die Labels bekannt sind, könnte leicht übersehen, was Carolin entdeckt. Statt der weißen Seidenbluse von Equipment hat sie die mit den tropischen Prints. Statt zehn Paar Jeans die drei Modelle, die man jetzt tragen will. Statt lauter Basics wenige besondere Teile. Die Kleiderstangen sind bei April First angenehm sparsam bestückt. Carolin bestellt jeweils nur eine Größe von jedem Teil. Zum Glück ordert sie aber nach, denn die Kleider von Ulla Johnson oder Blusen von ottod’Ame verkaufen sich rasend schnell.
ottod’Ame – nein, hatte ich vorher auch noch nie gehört. Ebenso wenig wie von den nachhaltig produzierten Handtaschen von Antonello oder den handgenähten Turnschuhen von Zespa. Carolin ist also auch die Freundin, die kleine Labels ausspäht, bevor sie bei anderen auf dem Radar sind. Sehr sympathisch, dass sie dabei auf (unser) Budget achtet. Die Preise liegen bei April First zwischen 100€ und 500€, mit Ausnahme der Lederjacken von Hironaé, die rund 1000€ kosten. In Zukunft will sie fürs Das-nehm-ich-schnell-mal-mit-Fach im Geldbeutel weitere Designgegenstände ins Sortiment aufnehmen und noch mehr Produkte aus der Beautylinie Treat Collection anbieten.
Noch etwas, dass April First neben den Preisen von anderen concept stores unterscheidet: Man kann tatsächlich ein Konzept erkennen. Carolin kauft nicht nur, was sie selbst tragen möchte, sie hat auch den Laden so eingerichtet, wie sie wohnen würde. Vom Lichtschalter bis zum Marmortresen hat sie alles selbst entworfen, recherchiert und am Ende die Wände noch drei Mal umgestrichen, bis alles so aussah wie in ihrer Vorstellung.
Den Sinn fürs Detail hat sie aus ihrer Zeit in New York mitgebracht, wo sie im Sales-Bereich bei Hugo Boss und Manon von Gerkan gearbeitet hat. Den Mumm, sich nach ihrer Rückkehr nach Berlin selbstständig zu machen, hat ihr die Familie mitgegeben, die seit fast 30 Jahren einen Gasthof im Oderbruch betreibt.
An ihrem Baby April First, gleichzeitig ihr eigener Geburtstag, hat sie neun Monate lang getüftelt, aber nur wenigen Leuten davon erzählt. Es hätten ihr zu viele davon abgeraten, einen Laden zu eröffnen, sagt sie. Zu schwierig, zu anstrengend, klappt in Berlin eh nicht.
Wie gut, dass sie es doch gemacht hat. Genau so ein Laden hat in Berlin gerade noch gefehlt.
April First
Auguststraße 77
10117 Berlin
Mo-Sa 11 – 19 Uhr
030/65 21 91 44
