Seit letzter Woche geht Arlo in den Kindergarten, heute habe ich ihn zum ersten Mal für ein paar Stunden allein dort gelassen, jetzt sitze ich in einem Café um die Ecke und habe Zeit.
Zeit.
Für mich allein.
Was mach ich denn nun?
Ich könnte die Zeitung lesen, die ich mitgebracht habe, weil ich mir seit 17 Monaten vorstelle, mal wieder eine Seite Drei zu lesen. Also, ganz.
Was er wohl gerade macht?
Hat bestimmt ordentlich Spaß mit seinen neuen Kumpels. Vor ein paar Tagen hat er so laut gegackert, dass ich ihn noch bis in die Garderobe hören konnte.
Komisch, eben allein aus der Kita zu gehen. Seltsam, wie schwer meine Schritte waren. Schließlich waren wir schon weiter und länger getrennt. Aber es stimmt wohl, was alle vorher sagten: Die Eingewöhnung ist nicht nur fürs Kind, sondern für die Eltern. Er ist jetzt kein Baby mehr, sondern ein kleiner Junge, der ganz viel erleben wird, bei dem wir nicht mehr dabei sind. Seine Welt ist in der letzten Woche so viel größer geworden und kreist jetzt nicht mehr nur um uns. Auch damit hatten alle Recht, verdammt: Die Zeit vergeht so rasend schnell, bevor man sich versieht, trampt er allein aufs Open Air und fragt zum Abschied nur, ob man ihm nen Fuffi leihen kann.*
He! Jetzt nicht melancholisch werden. Ich hatte mir geschworen, nicht heulend im Café zu sitzen. Ok? OK?
Geht schon wieder. Eigentlich ist diese Zeit nämlich ziemlich toll. Er könnte es in der Kita ja total doof finden. Stattdessen schließt er jetzt Freundschaften, lernt, zu einer Gemeinschaft zu gehören, wird unabhängiger. Und ich auch.
Was kann man in zwei Stunden nicht alles machen! Arbeiten, klar. Einige der 547,975 unbeantworteten Mails löschen beantworten. Oder, noch lieber, völlig banale Dinge genießen als seien sie großer Luxus. Zum Beispiel Lieder hören, in denen im Refrain nicht „Chugga Chugga Choo Choo“ vorkommt. Dem Nagellack beim Trocknen zugucken. Sport machen!
Na, man muss es nicht gleich übertreiben.
Mich wieder schön machen.
Für diesen Text, den ich gerade noch mal gelesen habe – ich habe ja Zeit! – mag ich das Buch Frauen und Kleider so sehr. Der Mama-Mantel der Autorin ist für mich der Mama-Beutel – eine Tasche, oft aus Baumwolle und von nicht mehr nachvollziehbarer Herkunft, in der man alles mit sich herumschleppt, womit man im Ernstfall einen nuklearen Winter überstehen könnte. Ich hätte dann jedenfalls genug Feuchttücher für alle.
Oder: hatte, denn an Kita-Tagen trage ich jetzt wieder eine richtige Handtasche. Bevor ich Packesel Mama wurde, war es ganz gewöhnlich, normal eine Handtasche zu packen, jetzt kommt es mir ehrlich vor wie ein Event. Die Penny von James liebe ich sowieso, aber jetzt gerade besonders, weil sie zwar bucket bag heißt, aber nicht weniger aussehen könnte wie ein Beutel, und weil sie mich daran erinnert, wie schön es ist, sich zurecht zu machen.
Alles in dieser Tasche ist für mich. Bis auf die Tüte Kekse, die ich Arlo gerade gekauft hab. Vielleicht teilt er sie mit mir und brabbelt mir von seinem Tag vor. Auch dafür ist die Zeit allein sehr nützlich: Man freut sich danach umso mehr aufs Wiedersehen.
*Mama? Wenn du das liest: Ich bin NIE getrampt. Ehrlich.
Ein Kommentar
Swantje
Love this bag <3
It's soooo classy 🙂
Swantje from http://www.swanted.de