Es mag an den Genen liegen, aber wenn ich nach Kopenhagen fahre, habe ich das Gefühl, nach Hause zu kommen, obwohl ich nie dort gelebt habe. Cecilie habe ich auf einer meiner letzten Reisen kennengelernt als wir zusammen an einer Geschichte gearbeitet haben. Am Ende des Tages wünschte ich mir, dass wir uns bei meiner nächsten Reise noch mal treffen und sie mir ihren persönlichen Cityguide verrät.
Cecilie leitet die PR-Abteilung des Danish Fashion Institute und ist genau so ich-will-alles-was-sie-trägt angezogen wie man es sich vorstellt. So ungekünstelt cool ist sie auch als Frau und ich kann nur hoffen, dass ich ihre Herzlichkeit in unserem Gespräch eingefangen habe. Als ich vorschlug, dass wir uns im Granola treffen, antwortete sie übrigens: „Perfekt! Ist mein zweites Wohnzimmer.“ Stellt sich heraus, dass ihr Freund einer der Teilhaber des Cafés ist und sie mit ihm und der gemeinsamen Tochter gleich um die Ecke wohnt.
| Deine Wohnung ist quasi nebenan. Warum lebst du gern in dieser Nachbarschaft?
Dieser Teil von Frederiksberg trägt den Zusatz C, C für Centrum, und das ist schon ein Grund, warum ich die Nachbarschaft so mag. Sie liegt nah an der Innenstadt, nah an Vesterbro, es gibt eine Menge guter Cafés und Läden. Früher habe ich in Nørrebro gewohnt und das war alles, wovon ich träumte: multikulturell, multiethnisch, mit einer ausgeprägten Ausgehkultur und voller Studenten, die in Einzimmerwohnungen leben. Das war in meinen Zwanzigern wie für mich gemacht. Dann lernte ich meinen Freund kennen und der hatte hier seine Wohnung. Als ich schwanger wurde, zog ich zu ihm. Am Anfang dachte ich: Kleinfamilie in Frederiksberg, jetzt bin ich also erwachsen! Aber Frederiksberg, das als bürgerlich gilt, ist auch sehr vielfältig. Hier leben viele kreative Leute und es gibt eine starke Unternehmerkultur.
| Was liebst Du an Kopenhagen?
Mir gefällt, dass es eine kleine Großstadt ist. Wir haben keine Wolkenkratzer, alles ist nah am Boden gebaut und eher Mini. Alle sind mit dem Fahrrad unterwegs und diese Kultur trägt sicher zu der großen Intimität zwischen der Stadt und ihren Bewohnern bei. Man erlebt seine Umgebung einfach anders, wenn man sie vom Fahrradsattel sieht statt vom Autositz. Wenn man jemanden trifft, den man kennt – und man trifft immer jemanden, den man kann kennt –, hält man kurz an und sagt Hallo. Die Fahrradkultur bringt alle näher zusammen. Ich liebe auch, dass Kopenhagen von Natur umgeben ist. Es ist leicht, rauszukommen. Im Auto ist man in zehn Minuten am Meer.
| Wohin geht ein Tagesausflug außerhalb der Stadt?
Louisiana. Wir haben eine Mitgliedschaft und sind oft dort. Und es ist definitv ein Tagesausflug, denn die Fahrt dauert eine Stunde und sobald man angekommen ist, will man bleiben. Nicht nur für die Ausstellungen, sondern um Mittag zu essen, am Meer zu spazieren, den fantastischen Garten zu genießen. Louisiana ist ein Stück vom Paradies. Ein anderes Lieblingsziel ist Dyrehaven, ein unterschätzer Teil von Kopenhagen. Früher war der riesige Wald der Spielplatz von König Christian VI, der dort seine Jagten veranstaltete. Heute ist es ein sehr friedlicher Ort.
| Wie sieht Dein perfektes Wochenende aus?
Seit wir vor vier Jahren unsere Tochter bekommen haben, erleben wir die Stadt viel mehr als früher. Wir nehmen uns vor, so viel wie möglich zu unternehmen, jedes Wochenende etwas anderes. Manchmal frage ich mich, ob wir nicht mal zuhause bleiben sollten, um irgendwas in der Wohnung zu reparieren, aber eigentlich mag ich unsere Einstellung, so viel wie möglich aus den zwei Tagen rauszuholen. Ein perfektes Wochenende fängt mit einem Frühstück im Café Auto an. Es liegt in ‚Little Somalia‘ und, ganz im Kontrast zur Nachbarschaft, hat es den neuen nordischen Stil, minimalistisch und mit viel Holz, den ich sehr mag. Die Atmosphäre ist immer gut und das Essen exzellent.
| Welche Aktivitäten für Kinder kannst du in Kopenhagen empfehlen?
Im Sommer gehen wir ins Tivoli oder auch mal das Marionet Teatret im Kongens Have, das zwei Shows am Tag zeigt, beide umsonst. Wir verbringen unsere Wochenenden als Familie und ich glaube, die Bedürfnisse unserer Tochter sind ganz ähnlich wie unsere: sich Auszeit nehmen und entspannen. Klar gucken wir auch, welcher Spielplatz gerade besonders toll sein soll, aber meistens machen wir Dinge, die uns alle interessieren, gehen in den Wald oder an den Strand, ins Museum oder eine Galerie.
| Welche Museen und Galerien zeigst du auf einer Kunst-Tour durch Kopenhagen?
Ganz sicher die Glyptotek, allein das wunderschöne Gebäude ist ein Erlebnis. Sobald man es durch den Wintergarten betritt, ist man in einer anderen Welt. Ich mag auch das Statens Museum for Kunst, ein weiteres beeindruckendes Gebäude, mit einer hervorragenden Sammlung zeitgenössischer Kunst. Meine Lieblingsgalerie ist V1 in der Kødbyen, Kopenhagens Meatpacking District, die spannende Künstler vertreten wie HuskMitNavn aus Dänemark und internationale wie Todd James. Die Tour würde auch zur Galerie Nicolai Wallner gehen und zu Bo Bjerggaard, der zum Beispiel Tal R repräsentiert, aktuell einer meiner Lieblingskünstler.
| Wohin geht’s danach zum Dinner?
Natürlich ins Granola! Es ist wie mein zweites Zuhause. Ich muss mich fast dazu herausfordern, woanders hinzugehen, denn ich liebe diesen Ort und treffe immer Bekannte und Freunde. Das Café ist für sein Frühstück bekannt, aber seit ein paar Jahren gibt es auch eine Abendkarte. Ich bestelle entweder Tartar oder den hønse salat auf Roggenbrot, sehr Dänisch, dazu ein Aperol Spritz und es ist ein perfekter Abend. Ein anderer Lieblingsort ist Osteria 16, ein Restaurant mit komplett ungezwungener Atmosphäre. Serviert werden acht kleine Gänge Antipasti und gerne stapeln sich die leeren Teller vor einem, denn es wird nicht so darauf geachtet, dass immer abgeräumt wird, bevor der nächste Gang kommt. Ich mag das sehr. Außerdem ist das Essen köstlich. In der Innenstadt sollte man im Atelier September für einen Snack oder zum Lunch Halt machen, ein wunderbarer Ort, ebenfalls mit köstlichem Essen.
| Wo triffst du dich mit Freundinnen auf einen Drink?
Kann ich noch mal Granola sagen? Der Espresso Martini ist ohne Übertreibung der beste Drink der Stadt. Wir gehen aber auch gerne in die Fiskebaren, ein Fischrestaurant mit ausgezeichneter Getränkekarte. Freitags und Samstag hat es bis 2 Uhr geöffnet, man kann seine Cocktails also in Ruhe genießen. Unbedingt im Sommer kommen, dann werden Tische nach draußen gestellt und man kann den ganzen Abend Leute gucken.
| Du machst die PR für das Danish Fashion Institute. Wie ziehst du dich fürs Büro an?
Das Outfit muss es aushalten, wenn ich darin Fahrrad fahre, das hat Priorität. Ganz abgesehen vom praktischen Aspekt mag ich Mode, die modern, minimalistisch und klassisch ist. Glücklicherweise haben viele dänische Designer eine ganz ähnliche Ästhetik, das macht es leicht, Designer zu tragen, die wir unterstützen. Meine tägliche Uniform besteht meist aus Hemd und Jeans, von Marken wie Wood Wood, Mads Nørgaard, Bruuns Bazaar oder Soulland. OK, meine Jeans sind oft von Acne, die natürlich aus Schweden kommen.
| Mir ist aufgefallen, dass du heute hohe Absätze trägst. Der Normalfall?
Die Ausnahme. Meistens trage ich flache Schuhe. Vor fünf Jahren habe ich mir das Bein gebrochen, was wenigstens den modischen Vorteil hatte, dass damals alle anfingen, flache Schuhe zu entwerfen. Ich habe eine ziemlich große Sammlung Brogues, Creepers und Sneaker. Allerdings habe ich vor kurzem angefangen, wieder öfter Absätze zu tragen und es macht mir richtig Spaß. Ich trage oft männliche Schnitte, Stilettos dazu machen den Look femininer.
| Welche Designer sollte man sich in Kopenhagen anschauen?
Zwei Designer, die ich großartig finde sind Mark Kenly Domino Tan, der zum Beispiel bei Lot #29 im Sortiment ist, and Freya Dalsjø. Sie sind beide immens talentiert und gerade in der Übergangsphase von begabten Debütanten zu weltweit etablierten Designern. (Freya Dalsjø findet man schon jetzt etwa bei Wald in Berlin).
| Wo kaufst Du gerne ein?
Wenn ich mich belohnen will, bei Black. Die Mode ist reiner Luxus, allein ein weißes Hemd kann mehrere hundert Euro kosten, aber sie ist auch wahnsinnig schön. Bei Nué finde ich eigentlich garantiert immer etwas, besonders aus der Eigenkollektion Nué Notes. Und ich liebe Storm.
| Hast du einen Lieblingsladen für Design?
Neues dänisches Design hat einen so guten Ruf, dass das jetzt bestimmt seltsam klingt, aber wir kaufen selten Einrichtung in Kopenhagen. Eher bringen wir etwas von Reisen mit. Wobei ich eine Schwäche für dänische Klassiker habe. Wir müssen uns allerdings bald zügeln, unsere Wohnung gleicht langsam einem Museum. Wir haben einige Stücke von Poul Kjærholm und Arne Jacobsen, ich bewundere Hans Wegner und Børge Mogensen, auch Verner Panton. Viele von unseren Möbeln haben wir bei Bruun Rasmussen gefunden, die für Online-Auktionshäuser das sind, was Illums Bolighus für Läden ist. Wir haben auch schon Sachen im Kjærholm-Shop in Rungsted gekauft, nördlich von Kopenhagen, ein hübscher kleiner Ort und die Reise wert. Wer sich in Kopenhagen k.o. kaufen will, sollte in den Showroom von Fritz Hansen gehen.
| Welche Touristenattraktion lohnt sich wirklich?
Eine Kanal-Bootstour. Das macht so viel Spaß, dass ich es auch jedem empfehlen würde, der hier lebt. Man sieht einfach alles, die Oper und Amalienborg, den Kanal von Christianshavn und das Black Diamond Gebäude. Ich sollte wirklich mal wieder eine machen.
Noch ein paar extra Tipps von mir: Bei meiner letzten Reise habe ich mir ein Fahrrad bei Velorbis auf der Nørre Farrimagsgade geliehen und dafür von Passanten Komplimente im vorbeiradeln bekommen – nur in Kopenhagen! Übernachtet habe ich im Central Hotel, das genau so charmant ist wie man sich ein Hotel mit nur einem Zimmer vorstellt. Bonus: Das Hotel-Frühstück wird im Granola serviert.
Meinen Cityguide für Berlin könnt ihr hier lesen, Franzi’s Cityguide für London hier.
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