Nachdem vor einigen Wochen eine Bekannte fragte, ob ich nicht ein paar Tipps für ein Wochenende in Kopenhagen für sie hätte (Tipps, die ich oft und ausgesprochen gerne gebe), dachte ich: Ich sollte einfach mal mein rundes Dutzend Lieblingsorte aufschreiben. Aus dem Dutzend wurden ziemlich schnell knapp 50.
So ist es eben mit dieser Stadt: Sie hat so vieles zu bieten, das man weiterempfehlen möchte. Ich habe meine Tipps nach Vierteln aufgeteilt, schlicht, weil ich so meine eigenen Ausflüge auf Städtetrips plane, und das die Bezirke in Kopenhagen sind, in denen ich am liebsten bin und die meiste Zeit verbringe. Am Ende des Beitrags ist dann noch mal eine nach Themen – Cafés, Mode, Design etc. – sortierte Addressliste, die, wie ich beim Zusammenschreiben gerade festgestellt habe, Essen als Schwerpunkt hat. Kann man in Kopenhagen aber auch so gut!
Das sind meine Evergreens und viele neue (Sommer-)Hits.
INDRE BY & ØSTERBRO
Am besten erlebt man die Stadt wie die Kopenhagener selbst, also per Rad. Gute Hotels bieten meist einen Rental Service an, aber es gibt auch zig Fahrradverleihe. Beim letzten Besuch waren wir ganz angetan von der zentralen Lage und dem netten Service bei Kgs. Have Cykler (Sølvgade 26). Wir haben für einen Tag ein Christianiacykle geliehen, was nicht nur Arlo grandios fand, sondern wir Erwachsenen auch. Dank der breiten Radwege sind wir damit entspannt aus der Innenstadt bis zur Refshaleøen (dazu unten mehr) gekurvt – Kind und ein Erwachsener vorne drin, der zweite Erwachsene hat gestrampelt und da die Stadt so angenehm flach ist, kamen wir nicht allzu sehr ins Schwitzen. Wer ein bisschen länger bleibt: Es lohnt sich, eine Rejsekort zu kaufen und für Bus/Bahn/Metro aufzuladen. Spart Geld!
Noch ein Vorteil von Kgs. Have Cykler: Es liegt, wie der Name vermuten lässt, direkt gegenüber des Stadtparks Kongens Have. In der Orangeriet (Kronprinsessegade 13) bekommt man die gehobene Version des typischen Smørrebrød zum Mittag, oder man holt sich aus der Kafferiet (Kronprinsessegade 1) ein leckeres Sandwich und Kaffee zum Picknick und spaziert weiter zu dem tollen Spielplatz am nördlichen Ende des Parks, der auf diese unnachahmenswert dänische Art durchdesignt ist und dennoch von Kindern geliebt wird.
Ein längerer Halt zum Lunch lohnt sich im &tradition Courtyard Café (Kronprinsessegade 4), das im Erdgeschoss und Innenhof des Showrooms der Möbelmarke liegt und selbstverständlich mit Möbeln aus eigenem Haus eingerichtet ist. In dem flauschigen Little Petra-Stuhl am Fenster hätte ich auch noch ein paar Stunden länger sitzen bleiben können.
Wenn man Richtung Norden weiterradelt, kommt man zu Holly Golightly (Borgergade 17B) – ein Laden wie das Ankleidezimmer einer exzentrischen und extrem gut betuchten Freundin. Die Mode ist reiner Luxus, aber allein die Einrichtung und Atmosphäre sind so bereichernd, dass man nicht unbedingt etwas kaufen muss. Wobei: Bei Holly Golightly gibt es die natürlichen, exquisit verpackten und sehr empfehlenswerten Pflegeprodukte von l’Officine Universelle Buly à Paris.
Von dort geht es weiter zum Studio Store von Frama (Fredericiagade 57) in der alten St. Pauls Apotheke, um Interior-Inspiration zu tanken. Falls man jetzt zudem Durst auf ein Getränk hat: einen Stop bei Bottega Barlie (Fredericiagade 78) einlegen, die sehr kinderfreundlich in Nähe eines kleinen Spielplatzes liegt. Nicht weit entfernt ist das Danish Design Museum (Bredgade 68), das sich auch für den Museumsshop lohnt.
Zurück in Richung Innenstadt – und direkt zu Another Nué (Krystalgade 3), einem von zwei Nué-Läden (der andere, das Original, ist im Gl. Kongevej 111), was vor allem eins bedeutet: doppelte Wahrscheinlichkeit, dass man Geld ausgeben wird. Die Auswahl an Mode, Accessoires, Schuhen und Schmuck (sowie einiger Beautyprodukte) hat einen leicht skandinavischen Einschlag und ist voller Lieblingslabel wie Lovechild, ATP Atelier, Maria Black, Sophie Bille Brahe oder der wundervollen Eigenmarke Nué Notes. Wenn mich jemand davon überzeugen kann, mehr Farbe zu tragen, ist es Stine Goya. Ihre femininen, pastellfarbenen und printreichen Kollektionen gibt es in zwei eigenen Läden (Gothersgade 58 und Østerbrogade 46).
Die Avocadobrote im Atelier September (Gothersgade 30) dürften das am häufigsten auf Instagram gepostete Essen der Stadt sein. Das erklärt sich dadurch, dass sie 1. außergewöhnlich gut sind, 2. das Atelier September eine so charmante Kulisse für die Brote bietet und es 3. ein Cafè von Frederik Bille Brahe ist, Bruder von Schmuckdesignerin Sophie Bille Brahe und Ehemann von Supermodel Caroline Brasch Nielsen. Die Bille Brahes sind so etwas wie das Stilseismographen der Stadt – was sie machen, wird mit bebender Aufregung verfolgt. Neben dem Atelier September betreibt Bille Brahe auch die Apollo Bar & Kantine (Nyhavn 2), beides übrigens mit vegetarischer Karte und sehr bezahlbar, und das Restaurant Kafeteria im SMK, der dänischen Nationalgalerie (Sølvgade 48-50). Falls man abends noch zum Essen in der Innenstadt ist: das italienische Cantina ist gemütlich, lecker und auch für Kinder einladend (Borgergade 2). Die besten – BESTEN! – Burger auf die Hand gibt es im Gasoline Grill (u.a. Landgreven 10).
Ein Mal im Jahr pilgere ich zum Lourdes der Inneneinrichtung: Illums Bolighus (Amagertorv 10). Auf vier Stockwerken gibt es dort anbetungswürdiges skandinavisches Design, und die eine oder andere Devotionalie findet sich immer – eine Tasse von Designletters, eine Vase von Lyngby, eine Nachtischlampe von 101 Copenhagen, ein Kissen von Aiayu, ein Kerzenständer von Ferm Living…
In direkter Nähe ist auch der Flagshipstore von Hay House (Østergade 61), Warm Nordic c/o Paustian (Niels Hemmingsens Gade 24) und Gubi (Møntergade 19). Ein bisschen wieter entfernt liegt das Keramikstudio von Arhoj (Kigkurren 8M), aber auf dem Weg dorthin kann man einen Schlenker über den absurd schönen Designladen The Apartment (Overgaden neden Vandet 33) machen, der daherkommt wie eine Wohnung. Besitzerin Tina Seidenfaden Busck hat es vor kurzem so eingerichtet, dass man im Apartment auch übernachten kann. Mehr Infos zu Stay at The Apartment gibt es auf der Webseite.
REFSHALØEN
Zur Refshaløen, dem alten Industriegebiet am Hafen, kann man auch leicht mit dem Bus fahren, aber auf dem Rad kommt man direkt an der Oper vorbei und dem sagenhaften Blick auf Amalienborg, den Wohnsitz der königlichen Familie. Der Ausblick ist auch das Besondere an La Banchina (Refshalevej 141): Ein Restaurant mit nur 16 Plätzen, aber man sitzt eh viel lieber draußen auf einem der Stege, hüpft von dort ins Wasser oder geht in die Sauna. Das Essen ist farm to table, beziehungsweise sea to table, es gibt also viel frisches Grünzeug und ein wenig Fisch, dazu Naturweine. Und eben: diesen Ausblick. Drei weitere Gründe, nach Refshaleøen zu radeln: 1. Das Sauerteigbrot und Frühstück (ich sage nur: Brioche mit Mascarpone und Mirabellenmarmelade) bei Lille Bakery (Refshalevej 213A). 2. Ein kühles Bier bei Broaden & Build (Refshalevej 175A), wenn man nicht eh auf das Menü beim Nachbarn Amass einlässt, einem Restaurant in der Noma-Liga (Refshalevej 153). 3. Die modernen Kunstinstallationen bei Copenhagen Contemporary (Refshalevej 173A).
FREDERIKSBERG
Was mir eine Straße sofort sympathisch macht: Man kann alle 20 Meter zum Essen halten. Auf dem Værnedamsvej fängt man mit den Eggs Benedict oder auch dem Rührei oder auch den Pfannkuchen im Granola an (Værnedamsvej 5; ich weiß nicht, warum, aber ich liebe es, in diesem Café, Leute zu gucken. Guckt man lang genug, erspäht man eventuell Superinfluencerin Pernille Teisbæk, die hier in der Nähe wohnt). Oder doch lieber ins Les Trois Cochons (Værnedamsvej 10) auf einen französischen Bistroteller? Im Zweifel geht immer ein Tebirkes auf die Hand vom Lagkagehuset (Værnedamsvej 1).
Apropos: In Kopenhagen gibt es in etwa so viele Bäcker wie Fahrräder und selbst Ketten wie Lagkagehuset, Emmerys oder Meyer’s Bageri sind außergewöhnlich gut. Bei meinem letzten Besuch hat mich eine Freundin Sidsel allerdings belehrt: Die beste unter den Bäckereiketten ist Det Rene Brød. Sidsel, muss man dazu wissen, hat lange in Melbourne gelebt und gelegentlich darüber nachgedacht, nur für das Brot und Gebäck von Det Rene Brød nach Hause zu fliegen.
Manchmal muss man Instagram einfach lieben. Zum Beispiel, wenn eine Leserin mitverfolgt, dass man gerade in Kopenhagen ist – und ihre persönliche Hitliste der besten Bäckereien teilt. Die ich hiermit ebenfalls teile. Tausend Dank, Amelie (du trägst deinen Insta-Namen „Kuchenpartei“ zurecht)! Juno für die legendären Kardamommesnurrer (Århusgade 48); Andersen & Maillard für Kaffee und Kuchen (Nørrebrogade 62 und Göteborg Plads 19); Hart Bagerei für Qualität vom ehemaligen head baker des Tartine in San Francisco (Gl. Kongevej 109); Mirabelle für die Croissants (Guldbergsgade 29).
Wir haben im April zum ersten Mal einen Haustausch über Behomm gemacht und das war ideal für Reisen mit Kind (allerdings wollte auch eine Familie mit uns tauschen, die in einem Haus lebt, das wie für das dänische Elle Decoration eingerichtet war). Mein absolutes Lieblingshotel für ein paar Nächte ohne Kind: Central Hotel & Café (Tullinsgade 1) – das vermutlich einzige Hotel auf der Welt mit nur einem Zimmer. Ich kam mir darin vor wie in der Kajüte eines früheren Luxusdampfers – und fand’s herrlich.
Gerade wenn man länger in der Stadt bleibt, würde ich einen Haustausch oder Airbnb empfehlen, bin aber auch sehr empfänglich für den Komfort von Hotels wie SP34, Hotel St. Petri oder Manon Les Suites Guldsmeden. Bei der letzten Reise waren wir eine Nacht in einem Hostel, das superzentral und überraschend un-hostelig ist, dem Steelhouse.
Wir sind übrigens immer noch in Frederiksberg und gehen jetzt in den Stadtpark Frederiksbergs Have, schnappen uns auf dem Weg einen frischen Super-Salat bei Wedo (Gl. Kongevej 176; diverse Locations in der Stadt) und hauen uns auf den Hügel vor dem Frederiksberg Slot. Nett für die Kinder: Mitten im Park kommt man ganz nah ans Elefantengehege am angeschlossenen Zoo. Wobei es passieren kann, dass die Kinder danach auch den Rest vom Zoo sehen wollen, ähem.
NØRREBRO
Noch so eine Straße, in der man den ganzen Tag mit Essen verbringen könnte, ist die Jægersborggade in Nørrebro: Auf eine Tüte handgeschöpfte Karamellbonbons aus der Karamelleriet (Nummer 36), einen Kaffee bei Coffee Collective (Nummer 57), ein Schälchen Granola bei Grød (Nummer 50), ein ausgezeichnetes Abendessen bei Relæ (Nummer 41) oder ein mit Stickstoff zubereitetes Eis von Istid (Nummer 13). Mit Stickstoff? Klingt gaga, schmeckt lecker und Kinder lieben das Schauspiel der Zubereitung. Auf die wartet am Ende der Straße ein toller Spielplatz und auf einen selbst noch eine Pause im Keramikladen von Inge Vincents (Nummer 43). Könnt ihr noch? Dann auf eine sensationalle Pizza ein paar Straßen weiter bei Bæst (Guldbergsgade 29).
Wenn ihr noch mehr Zeit habt, macht einen Ausflug ins Louisiana Museum ein wenig außerhalb der Stadt – für die Ausstellungen, den Blick aufs Meer, den Raum mit dem einsamen Giacometti, die Gärten und – natürlich geht’s mal wieder ums Essen – die Cafeteria.
Und wer noch mehr Tipps mag: Hier geht’s zum persönlichen Guide von Cecilie Thorsmark, eine alte Bekannte, die inzwischen die Copenhagen Fashion Week leitet.
3 Kommentare
Lilli
Danke für die vielen Tipps liebe Marlene 🙂
Marlene
Es war mir ein Vergnügen!
Denise
Mega ich bin begeistert toller Blog